Interview mit Prof. h. c. Hannes Schöpflin für „Boldman“ über ChatGPT und die Möglichen Auswirkungen
Künstliche Intelligenz verändert in atemberaubender Geschwindigkeit unsere Arbeitswelt. Immer mehr Berufe, die derzeit noch von Menschen ausgeführt werden, übernimmt zukünftig die Maschine. Das betrifft auch Jobs für Führungskräfte.
Der Coach und Karriere-Experte Prof. h. c. Hannes Schöpflin verrät im Interview mit BOLDMAN, welche Berufe bedroht sind, welche Skills zukünftig gebraucht werden und welche menschlichen Fähigkeiten Algorithmen auch in Zukunft NICHT ersetzen können.
Ein Interview mit Prof. h. c. Hannes Schöpflin
Herr Schöpflin, ChatGPT läutet eine neue Phase der Künstlichen Intelligenz ein. Die klugen Algorithmen erschaffen nun eigene Inhalte („Generative AI“) wie beispielsweise Texte, programmierter Code und demnächst sogar Videos. Geht uns bald die Arbeit aus und die Maschinen übernehmen?
Vor rund 15 Jahren kamen regionale Versicherungsmakler mit klassischem Agenturbüro in der Innenstadt zu mir. Sie hatten Angst, Job und Geschäft zu verlieren, weil Versicherer plötzlich alles über das Internet mit kinderleichtem Zugriff für jedermann anboten.
Ich sagte den verunsicherten Finanzprofis ‚Bleiben Sie ruhig und entspannt. Die Menschen werden bald wieder zurückkommen und den persönlichen Ansprechpartner suchen.‘ Genauso ist es gekommen. Heute sind die Vertreter vor Ort gefragter denn je, weil der Mensch als Experte und vertrauter Ansprechpartner durch keine Software zu ersetzen ist.
Genau so sehe ich es mit der Künstlichen Intelligenz. Es ist atemberaubend, was Menschen hier entwickelt haben. Sensationell! Jedoch spätestens, wenn durch die Anwendung dieser Angebote ‚Unfälle‘ passieren, zum Beispiel im Sinne von Rechtsstreitigkeiten, wird es rasend schnell zum Rückbesinnungsprozess kommen.
Hier wird wie im oben genannten Beispiel plötzlich der persönliche Ansprechpartner wieder gesucht – und dann wertvoller denn je sein. Nichts geht am Ende über die Empathie und das persönliche Vertrauen zu einem Menschen.
Welche Berufe stehen Ihrer Meinung nach heute schon auf der Kippe und werden durch Künstliche Intelligenz ersetzt?
Das „Fließbandzeitalter“ aus dem neunzehnten Jahrhundert hat ausgedient. Jetzt kommt es darauf an, diese Arbeitsplätze durch neue, innovative und andere Berufsbilder zu ersetzen.
Auch das Schulsystem muss angepasst werden. Diesen Übergang zu managen und die Arbeitslosen-Quote trotz des Fortschritts niedrig zu halten, sollte verpflichtend sein und oberste Priorität bei allen Verantwortlichen haben.
Anders als früher sind auch Jobs von Führungskräften oder so genannte „Intelligenz-Berufe“ betroffen: Wer muss sich Sorgen machen um seine Stelle?
Jeder, der es nicht versteht, den Nutzen dieser neuen Möglichkeiten für sich, seinen Job und sein Tun zu übernehmen und gewinnbringend einzusetzen.
Kommen wir nun zu den guten Nachrichten: Welche Rolle spielen Kreativität, Emotionen und zwischenmenschliche Fähigkeiten in der Arbeitswelt der Zukunft?
Eine sehr wichtige Rolle! Wie erwähnt, wird sich die Mehrheit der Menschen bald schon zurückbesinnen und gerade diese drei Attribute wieder wertschätzen.
Welche Berufe könnten durch diesen Boom der Künstlichen Intelligenz womöglich sogar wichtiger werden als heute?
Alle psychologischen, philosophischen, kreativen und planerisch-technischen Berufe auf jeden Fall. Auch das Handwerk und das Agrarwesen sind nicht zu vergessen.
Im Gesundheitswesen sind Ärzte und Pflegepersonal nicht zu ersetzen. Ebenso alle Dienstleister wie Feuerwehr, Polizei und Hilfsdienste.
In meinen Coachings lege ich großen Wert auf mentale Stärke, um individuell mit den Herausforderungen des täglichen Lebens umzugehen. Aber auch vermeintlich einfache Dinge wie ‚Zuhören können‘ gehören dazu. Das wird die KI nie ersetzen können.
Wie können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, allen voran Führungskräfte, ihre Fähigkeiten anpassen, um mit den Veränderungen besser umgehen zu können?
Da kann ich aus über 40 Jahren Berufserfahrung sagen: Das lässt sich nur individuell beantworten, pauschale Rezepte gibt es dafür nicht.
Sie arbeiten als Coach und Mental-Trainer, Ihre Mandanten sind häufig Führungskräfte, die beruflich aufsteigen wollen. Was raten Sie Ihnen?
Sich auf jeden Fall ihrer ganz individuellen Fähigkeiten und ihrer persönlichen Ziele zu besinnen – und diesen auch treu zu bleiben. Auf keinen Fall sollte jemand versuchen, sich zu verstellen, nur um ‚modern‘ zu wirken.
Was werden Sie selbst tun, um als Coach nicht von der Künstlichen Intelligenz ersetzt zu werden?
Das menschliche Sich-in-die-Auggen-schauen-Können beibehalten. Das wird nie ersetzbar sein und das ist der Grund, warum ich weiterempfohlen werde.
Ein persönlicher, vertrauenswürdiger Ansprechpartner zu bleiben für Menschen, die bei sich selbst etwas verändern wollen, das ist mir wichtig. Ein Coach, der Flügel verschenk – RedBull verleiht sie nur…
Autoren Info: Prof. Dr. h. c. Hannes Schöpflin
Prof. Dr. h. c. Hannes Schöpflin ist Trainer, Coach und Wirtschaftspsychologe. Der Inhaber der Best Sales Akademie in Endingen begleitet Führungskräfte, Profi-Sportler und Politiker beim Trainieren mentaler Spitzenleistungen.
E-Mail: schoepflin@best-sales.biz